Das was bisher nur vermutet wurde, aber offensichtlich war, ist nun bestätigte Realität.
Der Einfluss der evangelikalen Christen innerhalb der AfD (wir berichteten) ist keine Einbahnstraße sondern geht in beide Richtungen. Paul Hampel (AfD Niedersachsen) macht Wahlkampf vom Altar einer evangelikaler Freikirche in Osnabrück.
Freikirchen sind in Osnabrück sehr präsent. Größte Aufmerksamkeit erhielt die ‚Lebensquelle‘ im Jahr 2013 als sie, geführt durch die ihnen nahestehende Zion GmbH, für mehrere Millionen Euro die Industriefläche des alten Güterbahnhofs kaufte um dort einen Tempel samt Gemeindehäuser für einen Jugendtreff und einem Gesundheitszentrum zu errichten. Eine lokalpolitische Posse die erst in diesem Jahr ein vorläufiges Ende nahm. Die Lebensquelle rückte sich ins Stadtgespräch und immer mehr dunkle Seiten der Freikirche wurden öffentlich. So deckte eine Dokumentation von Marcel Trocoli Castro sektenähnliche Strukturen auf wie sie im Vorfeld nur vermutet wurde. Trocoli Castro sprach mit mehreren Aussteiger_innen und Menschen die mittels „Heilung“ ihrer sexuellen Orientierung entmachtet werden sollten. Ein Pastor der Lebenquelle ist Waldemar Herdt, der 2017 über die Landesliste der AfD in den Bundestag einzog und sich vor allem in Osteuropa und Russland einen Namen machte.
Mit der Kommunal- und Bundestagswahl 2021 stieg noch eine weitere Freikirche in den politischen Wahlkampf der AfD ein. Die „Neue Generation Osnabrück“ (NGO).
„Zukunftsorientiert, zeitgemäß, modern“, so beschreibt die Neue Generation sich auf ihrer Webpräsenz selbst. Bei der NGO handelt es sich um eine evangelische Freikirche und Pfingstgemeinde, laut Impressum ist der Hauptsitz in Triangel im niedersächsischen Gifhorn. Weniger zeitgemäß liest sich die Rubrik „Unser Glaube“ auf der Website. Neben verschiedensten Bibelzitaten findet sich auch folgendes: „Wir glauben an ein Ewiges Gericht, das auf alle die wartet, die sich der Liebe Gottes verweigert haben.“ [sic]
So weit so schlecht. Nach Waldemar Herdt tritt ein weiterer Akteur einer Freikirche politisch in Erscheinung: Roland Lapinskas, stellvertretender Vorsitzender der AfD Osnabrück sowie Kandidat für den Bundestag im Landkreis Osnabrück. Lapinskas trat u.a. am 13. Januar im Livestream des Gottesdienst der NGO gemeinsam mit seiner Ehefrau auf. Lapinskas fleht den heiligen Geist auf Deutsch an, während seine Ehefrau auf Russisch übersetzt.
Ebenso wenig zeitgemäß, wie eigentlich alles in Freikirchen, war ein Vortrag, mitten im Wahlkampf von Armin Paul Hampel, der im September in den Räumlichkeiten der Neuen Generation Osnabrück stattfand um für Stimmen seiner Partei zu werben.
Hampel war von 2013 bis 2018 der Landesvorsitzende der AfD Niedersachsen. Außerdem war er von 2017 bis 2021 Mitglied des Bundestages für die AfD und steht dem s.g. Höcke-Lager nahe. Auf seiner Facebookseite machte er, nachträglich, am 10. September auf einen „Vortrag beim dynamischen Kreisverband Osnabrück mit anschließender Probefahrt“ aufmerksam. Dazu liefert er Bilder der Veranstaltung. Zu sehen sind Hampel auf der Bühne der Neuen Generation Osnabrück sowie im Vorraum gemeinsam mit Ingo Barkau, dem Schatzmeister der AfD Kreisverband Osnabrück Stadt. Barkau gefallen bei Facebook Seiten wie „Keine weiteren Asylantenheime in Deutschland“ und „Bürger für Hans-Georg Maaßen“ und andere.
Damit nicht genug. Erstmals hat die AfD Osnabrück einen Sitz im Osnabrücker Stadtrat erzielt. Besetzt wird dieser mit dem Phantom Viktor Jersch. Jersch ist absoluter Politikneuling und erst Anfang des Jahres überhaupt in die AfD eingetreten. Jersch ist Mitglied der NGO Gemeinde. Eben in dieser Gemeinde, in der Hampel vom Rednerpult Stimmung gemacht hat. Die deutliche Stimmenmehrheit, gegenüber anderen AfD Kandidat_innen, kommen aus dem Wahlbezirk 7 in der die NGO ihr Gotteshaus hat. Jersch ist 53 Jahre alt, Unternehmer mit eigenem Supermarkt für russische Lebensmittel an der Wersener Straße. Ein offenes Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung lehnt er aus Misstrauen gegenüber den Medien ab.
Der Erfolg der AfD in Osnabrück, wäre ohne die Unterstützung aus dem freikirchlichem Milieu, vermutlich nicht zustande gekommen. Die aufgezählten Freikirchen in Osnabrück sind mehr als nur eine Glaubensgemeinschaft leicht unterhalb der gesellschaftlichen Wahrnehmung; Sie bieten eine Plattform für die menschenverachtende Politik der AfD und gehören als solche wahr genommen.
Der Wahlkampf ist in vollem Gang. Zeit, einen genaueren Blick auf die AfD in und um Osnabrück zu werfen.
Auf Bundesebene beleuchtete die Tagesschau zuletzt das Evangelikale Netzwerk der Alternative für Deutschland (AfD). Im Fokus steht dabei Waldemar Herdt, der federführend ein evangelikales Netzwerk aufbaut mit dem Ziel, die Gesetzgebung zu beeinflussen sowie die Rechte sexueller Minderheiten anzugreifen und weiter einzuschränken.
Schon hier führen Spuren nach Osnabrück: Herdt wohnt in Neuenkirchen-Vörden und zog für die AfD als Direktkandidat im Landkreis Osnabrück in den Bundestag ein. Er ist Mitglied der Lebensquelle, einer Pfingstgemeinde, die unter anderem daran glaubt, dass Homosexuelle von Dämonen besessen seien. Fremd ist Waldemar Herdt der AfD Osnabrück keineswegs, war er doch schon häufig als Gast und Redner auf Kundgebungen und Veranstaltungen eingeladen. Unter anderem hielt sich Herdt beim Stammtisch des Ortsverbands Nord der AfD Osnabrück im September 2020 auf.
Auf offene Ohren treffen Herdts Bemühungen sicherlich bei Bodo Suhren, Kandidat der AfD Osnabrück für Belm und den Kreistag. Suhren ist außerdem Kreisvorsitzender der AfD Osnabrück und im Vorstand des Ortsverbandes Nord. Laut einem anonymen AfD Mitglied wurden vor der Wahl des Kreisvorstandes gezielt Mitglieder der „Lebensquelle“ zum Beitritt in die AfD ermutigt, um eine Mehrheit für Suhren zu schaffen. Die Aufnahmegespräche der neuen Mitglieder wurden von Jens Kestner geführt, Mitglied im Bundes- und Landtag für die AfD.
Ebenfalls auf Gehör treffen wird das evangelikale Netzwerk bei Roland Lapinskas, Bundestagskandidat für den Landkreis Osnabrück. Lapinskas tritt außerdem als Kandidat bei der Kommunalwahl in Bissendorf und für den Kreistag an. Er ist stellvertretender Vorsitzender der AfD Osnabrück. Lapinskas ist aktiv bei der „Neuen Generation Osnabrück“ einer evangelischen Freikirche. Wie die Lebensquelle ist sie ebenfalls eine Pfingstgemeinde. Hieraus erklärt sich vermutlich Lapinskas Wahlziel, die Ehe und Familie besonders zu schützen.
Neben Lapinskas tritt auch Florian Meyer für den Bundestag an, als Kandidat für die Stadt Osnabrück. Zusätzlich ist Meyer Kandidat in Bramsche. Meyer war selbst lange Vorstand der AfD Osnabrück und ist laut einem Insider, der anonym bleiben will, einer der Hauptgründe, warum die Partei in Osnabrück ein chaotischer Haufen ist. Mit Bodo Suhren war Meyer bereits im Konflikt, nach einem weiteren gescheiterten Vorstandsversuch der AfD Osnabrück reagierte Suhren mit Verleumdungsvorwürfen gegen Meyer. Meyer begründete die vergangenen Fehlschläge unter anderem damit, dass der Landesverband flügelnah sei. Warum diese Distanzierung – wenn es so bezeichnet werden kann) Unsinn ist, wird, neben der Tatsache, dass Meyer rechtsextreme Facebook Seiten mit einem Like versieht, weiter unten klar. Nebeninfo: Florian Meyer ist vorbestraft wegen Drogenschmuggels und wurde zu 3 Jahren Haft verurteilt.
Neben der Zerstörung der AfD von innen widmet Meyer sich in seiner Freizeit der Dokumentation politischer Versammlungen mit dem Format „RIKO TV“. Damit veröffentlicht er schlecht zusammengeschnittene Videos und versieht sie mit unterirdischen Kommentaren. Darüber hinaus werden Mitglieder der AfD interviewt und vorgestellt.
Mehrmals dokumentierte Meyer hier die verschwörungsideologischen und antisemitischen Montagsdemos in Osnabrück sowie die Kundgebungen gegen die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus und nahm aktiv teil. Zudem nahm Meyer mit seinem Format am Frauenmarsch 2018 in Papenburg teil. Dort waren ebenfalls eindeutig erkennbare Neonazis sowie weitere Rechte anwesend. Ebenfalls mit Riko TV aktiv war Meyer beim AfD Sommerfest 2018 in Delmenhorst. Im Video unter anderem zu sehen: Der IB Anwalt aus Oldenburg, Gerhard Vierfuß.
Meyer mobilisierte in der AfD ebenfalls zu den Querdenker Demos nach Berlin.
Hinter der Kamera von Riko TV steht Mark Mecklenburg, Kandidat für die AfD Osnabrück in Bramsche und Beisitzer im Vorstand.
Mecklenburg war unter anderem im Sicherheitsteam beim AfD Landesparteitag in Braunschweig am 15.05.2021 und posiert bei Facebook im Soldatenoutfit.
Offen zur Schau stellt Mecklenburg seine Nähe zu Bernd Höcke.
Besonders aktiv im Wahlkampf 2021 ist Marcel Queckemeyer. Queckemeyer ist Schriftführer des Ortsverbandes und tritt als Kandidat für den Kreistag und Fürstenau an. Gemeinsam mit Bodo Suhren ist Queckemeyer auch Vorstand des AfD Ortsverbandes Osnabrücker Land Nord (Artland, Bersenbrück, Fürstenau, Neuenkirchen). Queckemeyer posierte beim Stammtisch mit Waldemar Herdt, allerdings bleibt es nicht bei diesem heiklen Foto.
Zu Beginn der Corona Demos in Osnabrück versuchte Queckemeyer dort Anschluss zu finden, tauchte aber nicht häufiger dort auf. Seine Position zur Corona Pandemie zeigt er dennoch eindeutig.
Adrian Maxhuni ist stellvertretender Vorsitzender der AfD Osnabrück und Kandidat für den Kreistag, Bersenbrück und Gehrde. Bereits 2019 kündigte Maxhuni an, einen neuen niedersächsischen Landesverband der Jungen Alternative zu gründen. Der Vorgängerverband wurde aufgrund der Beobachtung durch den Verfassungsschutz aufgelöst. Maxhuni ist außerdem stellvertretender Schriftführer im Bundesvorstand der JA und stellvertretender Landesvorsitzender der JA Niedersachsen.
Maxhuni nahm an einem klandestinen Treffen der AfD Niedersachsen in Ellerndorf am 05. September 2020 teil. Der Landesvorstand der AfD war nicht über das Treffen informiert. Dort wurden parteiinterne Absprachen zur Neuwahl des Landesvorstandes besprochen. Ziel war es, Dana Guth als Landesvorsitzende abzuwählen und Jens Kestner an die Spitze zu befördern, was den Landesverband noch weiter nach rechts rückte.
Unter dem Pseudonym „Mieze Katze“ verbreitet sie rechte Verschwörungserzählungen und weiteren Humbug. Sie teilt unter anderem Inhalte von KenFM, dem Deutschland-Kurier, Rubikon, Compact und weiteren rechten bis rechtsradikalen Quellen. Auch für Vergleiche mit dem Jahr 1933 ist sie sich nicht zu schade. Begeistert ist sie unter anderem von Aktivist Mann, einem evangelikalen Aktivisten aus Ostwestfalen Lippe und teilt auch heute noch Videos von ihm.
Auch im Umfeld der Querdenker:innen aktiv: Alan Doetzel, Kandidat für den Stadtrat Osnabrück. Hinzugefügt zur Telegram Gruppe „Bürgerbewegung Osnabrück“ wurde er von Doris Steenken, lange Zeit die Hauptorganisatorin der Veranstaltung. Doetzels politische Position lässt sich gut anhand seiner Facebook Likes verfolgen.
Neben Doris Steenken pflegt Doetzel auch Kontakt zu Kerstin Kokorsch. Kokorsch teilt seit Monaten rechtsradikale Verschwörungserzählungen in den zahlreichen Telegram Gruppen aus dem Spektrum der Querdenker:innen.
Ebenfalls im Widerstand wähnt sich Patric-Alexander Sausmikat, Kandidat für den Rat der Stadt Osnabrück. Sausmikat nahm am 26.04.2021 im Fallschirmjäger Pullover an der Osnabrücker Montagsdemo teil. Passend dazu ist er Fan von rechtsoffenen Marken und martialischer Aufmachung. Sausmikat zeigt auf seinem Facebookprofil außerdem eindeutige Nazisymbolik und outet sich als Fan des Kaiserreichs.
Klaas Meyer, Kandidat für Fürstenau Stadt und Samtgemeinderat und Beisitzer im Vorstand des Kreisverbandes zeigt sich bei Facebook ebenfalls von seiner besten Seite. Er teilt antisemitische Inhalte, setzt Likes bei rechtsradikalen Seiten und verschwörungstheoretischen Inhalten wie Chemtrails. Meyer war ebenfalls beim Stammtisch mit Waldemar Herdt anwesend.
Wie auf Bundesebene ist die AfD Osnabrück rechtsextrem. Sie ist mit verschwörungstheoretischen Strukturen verwoben und bietet eine Anlaufstelle für Neonazis, Querdenker und andere Rechte.