Timo Schirmeister ist kein Neuling im Osnabrücker Land. Der aus Bissendorf stammende Rechtsrockfan war vor allem in den 00er Jahren aktiver Neonazi in Osnabrück und darüber hinaus. Seitdem war es ruhig um ihn und seine langjährige Partnerin Rebecca „Becci“ B. geworden. Bis die beiden in der zweiten Hälfte des letzten Jahres (2020) bei den Osnabrücker Coronaprotesten und in den zugehörigen Telegram-Gruppen auftauchten.
2006 war Timo Schirmeister an der Produktion einer Rechtsrock-DVD beteiligt, die unter dem Label „Streetfighting Crew Production“ vertrieben wurde. Hierbei sind Mitschnitte eines Konzertes im Februar 2006 in Greven (Kreis Steinfurt) verwendet worden. Der Name des Labels ist angelehnt an die Dortmunder Neonazi-Band „Oidoxie“, die sich zum Combat 18 Netzwerk zählt. Die „Oidoxie Streetfighting Crew“ ist eine Gruppierung, die unter anderem für den Saalschutz bei „Oidoxie“ Konzerten verantwortlich ist. Auf der CD sind auch die Band „Cherusker“ aus dem Kreis Osnabrück, „HKL“ (Hauptkampflinie), „Extressiv“ und „Words of Anger“ zu sehen. Zu „Cherusker“-Sänger Christian Nitsch pflegte Schirmeister engeren Kontakt. Ein mutmaßliches Mitglied der Oidoxie Streetfighting Crew, Robin Schmiemann, enger Brieffreund von Beate Zschäpe, wurde Anfang März 2016 vor dem NSU-Untersuchungsausschuss in Düsseldorf angehört.
Zur Rechtsrock DVD:
„Auf dem Bildmaterial sind mehrfach Personen zu erkennen, die den Faschistischen Gruß zeigen, was für den Produzenten gleich ein doppeltes Nachspiel hat. Zum einen wurde ihm gedroht die DVD weiterhin zu vertreiben und alle potentiellen KäuferInnen aufgefordert selbige zu boykottieren, da die Personen, welche dort strafbare Handlungen begehen, Angst vor den Konsequenzen haben. Zum anderen wurden von der Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren gegen den Produzenten und einen weiteren Verkäufer der DVD eingeleitet, da sie ein Medium mit strafrechtlichem Inhalt vertreiben. Mit dem Erlös der Disc ein eigenes Rechtsrocklabel aufzubauen, wie vorher geplant, wird jetzt vorerst wohl nicht klappen.“ (AAOS, 2007: Die extreme Rechte in der Region Osnabrück)
Schirmeisters Vorliebe für Neonazi-Musik findet sich außerdem darin wieder, dass bei einem Kundendaten-Leak von ‚Opos Records‘ aus dem Jahr 2015 sein Name mehrfach auftaucht. Opos Records vertreibt vor allem Rechtsrock, NS-Hardcore, NS-Black Metal und NS Metal.
Schirmeister gehört außerdem zum weiteren Umfeld der Amsivaren, einer Neonazi-Gruppierung, deren Name auf den Song „Land der Amsivaren“ der Band „Gigi und die braunen Stadtmusikanten“ zurückgeht.
Das Timo Schirmeister und Rebecca B. auch weiterhin in der Rechtsrock Szene unterwegs sind wird auf Bildern bei Recherche-Nord deutlich, die ihre Teilnahme an einem Nazirock-Konzert am 24.02.2018 in Lingen (Emsland) zeigen. Als Hauptorganisator des Konzertes gilt der Neonazi Andre Lüken aus Lingen. Mit seiner Gruppe, den Amsivaren, trat Lüken bereits bei verschiedenen Aktionen in Erscheinung (u.a. 2018 Haverbeck Neonaziaufmarsch Bielefeld; 2019 HolocaustleugnerInnen Haverbeck Demo in Bielefeld). Gemeinsam mit weiteren Neonazis sind Timo Schirmeister und Rebecca B. während der Vorbereitungen des Konzertes als Teil des Organisator*innenkreises zu sehen.
Timo Schirmeister war am 1.Mai 2007 in Vechta auf einer Demonstration der NPD Niedersachsen, die den Auftakt zum Bundeswahlkampf 2008 darstellen sollte.
Wenn man ihrem gemeinsamen Facebook-Profil ‚Timo Becci Osna‘ mit dem Zusatz „<3 Heimat,Liebe,Tradition <3“ glaubt, sind Timo Schirmeister und Rebecca B. mittlerweile verlobt. Bei Facebook haben die beiden diverse Seiten aus dem gesamten rechten Spektrum geliked – darunter den Kopp-Verlag, rechte Musiker*innen und Bands, Seiten der NPD, den Verein für germanisches Heidentum ebenso wie den „Verlag Deutsche Militärzeitschrift“ und „Die Wehrmacht und ihre Technik unzensiert“. Zusätzlich dazu findet sich auf ihrer Like-Liste jede Menge Impfgegner*innen- und Verschwörungscontent, ebenso wie Gruppen und Seiten der aktuellen Coronaleugner*innenbewegung wie „Wolfgang Wodarg“ und „Klagepaten“.
-Aktuell-
Am 17.10.2020 sind Timo und Rebecca wieder in Erscheinung getreten – bei einer Veranstaltung der Bürgerbewegung Osnabrück, dem Osnabrücker Querdenken-Ableger, am Hauptbahnhof Osnabrück. In Begleitung waren sie dabei unter anderem von Kai und Stefanie Berger, einem seit vielen Jahren aktiven Neonazi-Paar aus Bünde, bei dem im Juni 2020 eine Hausdurchsuchung wegen Holocaust-Leugnung durchgeführt wurde. Weitere Begleiter an diesem Tag können außerdem aufgrund von Tattoos, Kleidung und Besuchen bei vergangenen AfD-Veranstaltungen dem rechten Spektrum zugeordnet werden.
Bei der Kundgebung hatten sie eigens zwei Banner mitgebracht, mit den Aufschriften „Hände weg von unseren Kindern“, „Maskenzwang=Kindesmissbrauch“ und „Diese ‚Pandemie‘ ist ein Fehlalarm“.
Bei dem Besuch einer weiteren Kundgebung der Bürgerbewegung Osnabrück am 31.10.2020 lauschten sie unter anderem den geladenen Rednern Anselm Lenz und Hermann Ploppa. Offensichtlich erbost über die herrschende Maskenpflicht auf dem Bahnhofsvorplatz, war Schirmeister diesmal mit einer Darth Vader Maske unterwegs, während Rebecca B. eine Guy Fawkes Maske trug. Ein weiterer Begleiter an diesem Tag, der auch am 17.10. anwesend war, trug hier eine Gasmaske.
In der virtuellen Welt der lokalen Pandemieleugner*innen und Verschwörungsideolog*innen Osnabrücks sind Timo und Rebecca ebenfalls aufgetaucht. Als „Timo Osnabrück“ und „Becci B.“ sind beide eine Zeit lang in den Telegram-Gruppen der Bürgerbewegung Osnabrück aktiv gewesen, die teilweise über 300 Gruppenmitglieder hatte. Hier wurden von ihnen unter anderem Angebote zur finanziellen Unterstützung von Flyerdruck und anderen Materialien gemacht, außerdem ist Rebecca B. sehr aktiv in der Telegram-Gruppe „Eltern stehen auf Osnabrück“ und nimmt dort als Admin eine zentrale Rolle ein.
Schirmeister hatte lange Zeit bei Telegram ein Profilbild, auf dem er mit der verurteilten Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck zu sehen war. Die Profilbilder von Rebecca B. waren unter anderem von germanischen Runen mit rechtsextremem Bezug geschmückt. Beide haben diese eindeutig als rechtsradikal einzuordnenden Profilbilder mittlerweile entfernt.
Auch in Osnabrück zeigt sich eine Verflechtung von Anti-Corona-Protesten und Neonazis. Die langjährigen rechten Aktivist*innen tauchen hier als bürgerlich-besorgte Teilnehmer*innen bei Kundgebungen und in Querdenkengruppen auf.